Review


Double Me, Apoptosi., Deafening & Fadead
Für das Auffahrtswochenende lud das Copygrind Italien in Form von vier italienischen Bands – Fadead, Deafening, Apoptosi. und Double Me – in die Schweiz ein, ganz ohne Stau, zumindest für die Zuschauer.
Fadead eröffnet die Show mit etwa 30 Minuten Verspätung. Laut Organisatoren ist die Konkurenz aus dem In- und Ausland stark, darum sei das Publikumsaufgebot auch überschaubar, und man wollte noch auf weitere Zuschauer und -hörer warten. Zudem steckte eine der anderen Bands, Apoptosi., immer noch irgendwo im Stau – zusammen mit all den Schweizern, die dem Auffahrtssonntagstau ausweichen wollten und schon am Samstag nachhause zurück tuckerten. Trotzdem fanden sich genug Leute im dunklen Keller des APA KultA zusammen, um Fadead’s Deathgrind abzufeiern. Auch wenn die zwei Italiener diesmal ohne Drummer unterwegs waren, brachten sie den Boden mit dröhnendem Bass und Gitarre zum Vibrieren. Ein richtiger Schlagzeuger wäre das Tüpfelchen auf dem I, aber auch so gefällt’s.
Deafening ist als zweites dran, sie spielen grindigen Hardcore Punk. Die Verspätung machte sie ein wenig ungeduldig – vor allem weil die Gäste lieber noch die letzten Sonnenstrahlen des ersten Hitzetages des Jahres geniessen, als sich Das Trio teilt sich das Stimmämtchen ziemlich gerecht untereinander auf, daher gibt es viel Abwechslung bei dem Vokal, und sogar etwas Klargesang vom Drummer. Zwar kündigten sie einer ihrer Songs als „Pop“ an, Pop war es aber ganz und gar nicht. Auch wer sich die Ohrenstöpsel ein wenig zu fest in den Gehörgang gedrückt hat, hätte es bemerkt – denn die drei spielten mit einer solchen Intensität, das dem Bassisten einer seiner Saiten gerissen war. Musikalische Abwechslung gab es aber trotzdem, zum Beispiel in der Form eines kleinen Walzers im dreier Takt. Deafening verabschiedete sich von der Bühne mit „unterstützt all diese scheiss italienischen Bands“. Davon gibt’s heute Abend noch zwei mehr.
In der Zwischenzeit ist auch Apoptosi. eingetroffen, die endlich dem endlosen Stau Richtung Norden entkommen sind. Der Punkt im Namen gehört übrigens dorthin, denn wie mir erklärt wurde, gibt’s eine ganze Menge an Bands die sich den gleichen Namen ausgesucht haben. Leider kann ich das nicht so ganz bestätigen, denn laut meiner Recherche auf Discogs und Bandcamp gibt’s zwar eine Handvoll Bands mit der englischen Version ihres Namens, Apoptosi., mit oder ohne Punkt, gibt’s nur einmal. Und sie sind online um einiges einfacher zu finden als ihre Vorgänger Deafening, und Fadead teilt sich ebenfalls den Namen mit einer deutschen Thrash Metal Band. Apoptosi. spielt ebenfalls Hardcore, diesmal mit Crust Einschlägen. Der kurze Soundcheck und die kurze Ausruhzeit nach der langen Fahrt hatten überhaupt keinen Einfluss auf den kraftvollen Sound der Band, noch auf die Energie, die allen voran der Vokalist zur Schau stellte. Zwar sind die vier allesamt zwischen 15 und 17 Jahre alt, aber sie geben sich erfahren. Nur einmal gab’s ein kleiner Patzer – der Gitarrist merkte nicht, dass sich sein Instrument beim Ausflug ins Publikum von der Amp ausgesteckt hatte. Mir wurde gesagt, dass die Band grossartig war (dem stimme ich zu), und dass man als Teenager „noch nicht so viel Energie gehabt hätte“ (dem weniger). Nun ja, normalerweise ist es eher umgekehrt – zumindest hätte ich mich in jüngeren Jahren bei ähnlichem Aktivitätslevel nicht am nächsten Morgen nicht so dreckig gefühlt wie ich’s jetzt tun würde. Und ich habe als Teenager auch nicht regelmässig „Yoga for your lower Back“ gemacht, um das lange Stehen bei Konzerten und Festivals auszuhalten.
Inzwischen wich die Frühsommerhitze dem ersten richtigen Sommergewitter des Jahres, und Double Me betrat die Bühne des APA KultA. Zwar wird’s draussen kühler, aber der Konzertkeller bleibt stickig-schwül. Der Drummer spielte sich schon mit zwei Songs schweissüberströmt, während der Vokalist trotz Hitze sich mit Liegestützen aufwärmte, und wie wild zwischen Bühne und Publikum hin und her rannte. Anscheinend ist das mit dem Alter also eigentlich völlig egal, man muss nur in Bewegung bleiben (und Yoga machen). Der einzige Unterschied: es wurde ein wenig schneller erkannt, dass das Kabel sich vom Mikrofon gelöst hat. Nach ihrem „längsten Song“, der Napalm Death’s „You Suffer“ Konkurrenz macht, ist der Auftritt auch schon nach ungefähr 20 Minuten vorbei – vielleicht liegt der Unterschied zwischen Alt und Jung vor allem beim Durchhaltevermögen.