Review


Kraanium, Pusboil & Hereza
Der Konzertkeller des Ebrietas in Zürich öffnete seine Türen für die wenigen, die sich eine Karte für das ausverkaufte Konzert von Kraanium, Pusboil und Hereza schnappen konnten. Ursprünglich sollten erstere erst am nächsten Tag beim Züri Gmätzlets spielen, wurden jedoch vom Eventlokal gebannt. Aber aus Zitronen macht man ja bekanntlich Limonaden, und man zauberte innerhalb kürzester Zeit eine inoffizielle Vorfeier des Festivals hervor, die gleich zwei anderen Bands auch noch eine Bühne bot. Fazit: Klein aber fein, auch wenn die fünfköpfige Truppe platzmässig besser auf die grosse Bühne gepasst hätte.
Hereza starteten ihr Set überpünktlich mit einer kurzen Ace of Spades Interpretation, die zugleich zum Soundcheck diente. Das Trio aus Stuttgard tanzt ein wenig aus den Reihen, spielen sie doch Death Thrash und nicht Slam, aber Motörhead geht ja immer. Weiter geht’s mit Selbstgeschriebenem – «Misanthrop» aus dem 2015 erschienenen gleichgetitelten Debutalbum der Band. Dies darf, laut Vokalist, bei keinem Hereza Gig fehlen. Das Publikum hatte noch etwas Berührungsängste, und stand mit einem grosszügigen Abstand zur Bühne – Ein «Fotograben» im kleinen Konzertkeller für mich, und etwas Platz fürs austoben für den einsamen Hardcoretänzer. Für die letzten Songs wechselten die Instrumente des Gitarristen und des Bassisten in die jeweiligen anderen Hände. Für «Born to Raise Hell» braucht es schnellere Finger. Das vorgenannte Stück ist übrigens diesmal nicht ein Motörhead Cover, sondern ein eigenkomponierter Song von Hereza’s letztem Album. Dazu gabs die erste Moshpit, auch wenn aus der gewünschten Circlepit nichts wurde.
Über geht’s zum Slam mit Pusboil. Das Quartett aus Basel bedankt sich beim Dynamo für die neu entstandene Möglichkeit mit Kraanium zu spielen – vom Meh Suff wurden sie zugunsten von internationalen Acts übersehen. Das sie gerade jetzt im Ebrietas auftreten können, passt auch gut, weil sie in ein paar Tagen ihre neuste EP, «Indictment» veröffentlichen. Davon spielten sie gleich alle fünf Songs – wer von zu Hause aus schon reinhören will, findet zwei davon schon auf Bandcamp, die restlichen Songs werden zusammen am 15. März veröffentlicht. Die vorgespielten Liveversionen kamen jedenfalls schon jetzt gut beim Publikum an, und die Haare wurden dementsprechend geschwungen –zum Leidwesen aller die, wie ich, an saisonalen Allergien leiden und genauso wie ich die selbstgewachsenen Pollenfänger um jeden Preis zu vermeiden versuchen. Was übrigens gegen die verstopfte Nase gut hilft: Sich die Nase zudrücken, und mehrmals versuchen ein- und auszuatmen. Mit dem (vorgetäuschten) Sauerstoffmangel geht der Körper in Überlebensmodus und Schwellungen bilden zurück. Resultat: Man kann wieder zumindest für ein paar Momente frei atmen. Tönt genauso von mittelalterlichen Foltermethoden inspiriert wie die Texte von Pusboil, funktioniert aber besser als die Foltergeständnisse, über die sie auf ihrer neuen EP singen.
Nach kurzer Pause geht’s weiter mit Kraanium, die «Slammed Kranial Remains» zum Besten gaben. Mitgebracht hat das Quintett einem «best of» Set List aus ihrem Output angefangen mit «Ten Acts of Sickening Perversity» von 2008 bis zu ihrem Album „Scriptures of Vicennial Defilement“ das 2023 erschienen war. Zur «Cancellation» ihres Auftritts beim Meh Suff Züri Gmätzlets von Seite des Dynamos wurden wenig Worte verloren – dafür gab es sowohl ein exklusives T-Shirt mit einem «Cancelled by Dynamo» Aufdruck, sowie einen eigens designten Stempel mit dem selbigen Schriftzug für den Eintritt. Laut Band sei Kraanium einfach «zu brutal» (und etwas zu frauenfeindlich in ihren Texten) für den Eventlokal. Hier anzumerken ist das Kraanium weder auf dem Line-up des Meh Suff’s ein Ausreisser waren, noch sind sie dies in der Welt des Slams/Brutal Death Metals. Auch allgemein tanzen sie nicht aus der Reihe, und integrieren sich schön in das gesellschaftliche Gedankengut, nur in einer etwas ekelerregender, gewalttätigerer und unappetitlicheren Verpackung als man es von einigen Meinungsmacher aus den Sozialen Medien und der Politik kennt. Im Sinne der Gleichberechtigung – Songs über Frauen gibt’s schon genug, macht mal was über Männer, damit sich diese nicht immer so benachteiligt fühlen. Zurück zum Konzert – für die Anwesenden wurden aufblasbare Hammer mitgebracht um sich in der Pit austoben zu können. Nicht nur im Publikum wurde es eng, sondern auch auf der Bühne, zumindest bis der Vokalist der Band sich in die Menge begab, um sie nochmal richtig einzuheizen. Viel brauchte es aber dafür nicht, und bis zum Schluss wurde fleissig mitgemosht.