Review


The Neal Morse Band
Rückblick Konzert
Pratteln, Z7 – altbekanntes Reiseziel für langjährige Freunde der verzerrten Gitarren. Und auch wenn der altehrwürdige Metal-Tempel in den letzten Jahren einige Ikonoklasmen überstehen musste, das Fundament steht nachwievor solide. Zwar reisen nicht mehr annähernd so viele zeitgenössische Vertreter der Metal-Speerspitze an wie früher, dafür hat sich das Z7 ein äusserst solides Standbein im Bereich der bewährten Klassiker aufgebaut. Gerade im Bereich des klassischen Prog, wie er an diesem Abend in seiner vollen Pracht aufspielt. So werden genug orthodoxe Pilgerer angelockt, damit Neal Morse und seine Band für ihre Vertonung des „Pilgrim‘s Progress“ einen würdig gefüllten Konzertsaal vorfinden. Aber daran hätte nicht einmal „Mister Doubt“ Zweifel schüren können.
The Neal Morse Band
Die erste Ouverture erklingt, Neal Morse steigt auf die Bühne, vorerst alleine, um die einleitenden Worte des Albums „The Great Adventure“ zu singen, und los geht es mit dem Prog-Feuerwerk „Ouverture“, und dem kompletten Feuerwerk des Albums „The Great Adventure“. Klassischer Prog Rock, handwerklich auf höchstmöglichem Niveau, dargeboten mit ungestümer Spielfreude und Authentizität. Vollgepackt mit frechen Spielereien und brillanten Reiterationen, welche dem Gesamtwerk eine beeindruckende Kohäsion verleit. Und so verbringt man gute 2 Stunden mit einem Lehrstück in Sachen Konzeptalbum. Und auch wenn die Texte, treu dem Quellenmaterial, nicht gerade grosse Dichtkunst sind, so werden sie durch die Aufrichtigkeit der Darbietung getragen, nebst dem zentralen Genius der Musik. Und wem das noch nicht genug ist, der errette sich durch ironische Selbsterbrechung und das Bezeugen meisterlicher Musiker. Musiker wie Schlagzeuglegende Mike Portnoy, der freundlicherweise seine Bassdrums als Namensschild verwendete, oder Leadgitarrist und Sangesgott Eric Gilette, der einem gewissen ehemaligen Mitstreiter Portnoy’s saitenmässig durchaus ebenbürtig scheint, aber dafür auch noch Singen kann. Und dies sogar während er soliert, weil separat betrachtet die beiden präsentierten Skillsets wohl noch nicht genug anwesende Musiker in die Verzweiflung gestürzt hätten.
So wird man durch einen perfekten Prog-Abend geleitet, welcher vom Publikum mit exaltierter Freude belohnt wird, wie man es in der Schweiz selten erlebt. Vielleicht liegt es am erhöhten Durchschnittsalter der anwesenden Gäste, die heutige Jugend ist für sowas halt einfach zu anständig und brav.
Jedenfalls, da zwei Stunden musikalische Perfektion naturgemäss nicht genug sind, gibt es noch ein 30 minütiges Medley durch die Solokarriere von Neal Morse, ebenfalls angefüllt mit zahlreichen Prog-Juwelen, auch wenn da gelegentlich der religiöse Faktor dann doch recht strapazierend werden kann, geradezu missionarrisch. Aber erneut, Neal Morse und Band verkaufen das Material so gut und authentisch, dass man wirklich keinen Bock auf theologische Zwists hat und schlicht dankbar ist für die Musik. Ob man jetzt den Herrn, oder Herrn Morse, dafür preisen möchte, das sei jedem selber überlassen.
Abschliessend bleibt hier nur anzumerken, dass durchaus mehr Heroen des Prog sich der Darbietung abendfüllender Programme widmen dürften. Das Dargebotene und Erlebte spricht jedenfalls absolut dafür.
Ich hör‘ jetzt aber erstmal eine Runde primitiven Black Metal.