Review
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Cattle Decapitation, Shadow of Intent, Revocation & Vulvodynia
Cattle Decapitation und Shadow of Intent machten auf ihrer Terrasitic Reconquest Tour durch Europa im Komplex 457 in Zürich halt. Ebenfalls von Partei waren
Revocation und Vulvodynia, die das Konzert eröffneten.
Die südafrikanische Band Vulvodynia eröffnete das Konzert. Ihre Mischung aus Brutal Death Metal und Deathcore gab den Ton für den Rest des Abends an. Während ihres Sets füllte sich der Komplex 457 allmählich, war aber noch lange nicht voll – viele der Zuschauer übergingen die ersten zwei Bands. Auch wenn das Publikum nicht mit machte, hielt es Vulvodynia nicht davon ab, eine energetische und dynamische Show zu liefern. Das Quintett um Vokalist Lwandile Prusent (der zuvor Bassist der Band war) überzeugte mit einem kurzen aber intensiven Set vor allem aus Songs von ihrem neusten Album Entabeni und dem 2016 erschienenen Psychosadistic Design.
Revocation eröffnete ihr Set mit “Diabolical Majesty», das ebenfalls die Tracklist ihres neusten Album anführt, dem 2022 erschienenen „Netherhaven“. Leider ist die Konzerthalle immer noch nicht so voll, und der Enthusiasmus der Zuschauer hält sich in Grenzen – ausser einer Handvoll einsamer Headbanger blieb es still. Frontmann David Davidson erkundigte sich, ob man hier in der Schweiz Circlepits kennt, und erklärte, nach einem einsamen «yeah», dass man dafür im Kreis rennen muss. Trotz Erläuterung wurde daraus nicht viel, und es brauchte noch einige Songs mehr, bis sich einige dafür entschieden, doch eine Moshpit zu starten. Wieder Erwartung spielte die Band zwar ihr neusten Song «Confines of Infinity» live, aber ohne das Feature von Cattle Decapitation Sänger Travis Ryan. Wer Glück hatte, konnte ihn aber auf anderen Etappen der Tour mit auf der Bühne sehen.
Shadow of Intent war in der wenig beneidenswerten Position nach Revocation zu spielen. Nach den hochtechnischen Riffs und Solos ihrer Vorgänger fühlte sich alles etwas zu einfach und eindimensional an. Zudem erinnerten die «symphonischen» Elemente ihrer Musik eher an die Erstversuche eines Einjährigen am Keyboard als die symphonischen Arrangements anderer. Der Mix war ebenfalls nicht sonderlich gut – der Bass war fast gänzlich nicht aus dem Rest der Instrumentation rauszuhören. Einziges Highlight: Die Vocals, auch wenn sie ebenfalls im Vergleich zum Headliner Cattle Decapitation zur Pastiche der innovativen und experimentellen Vocals von Travis Ryan erblassen. Wiedererwartung war dies jedoch genau das, was das Publikum aus dem Winterschlaf holte, und es bildete sich nicht nur eine fast durchgängige Moshpit sondern auch zwei Walls of Death – auch ganz ohne Anleitung der Band. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.
Zu guter Letzt: Cattle Decapitation. Das Technical/Progressive Death(grind?) Metal outfit aus Kalifornien gibt’s zwar schon länger als mich, aber hatten erst einen meteorischen Aufstieg in der extreme Metal Szene mit dem Release ihres 2012 erschienen Albums «Monolith of Inhumanity». Ich nehme mal meine Voreingenommenheit vorneweg – die Band war meine Einführung in die Welt des Metals um etwa die gleiche Zeit, und steht bei mir dementsprechend hoch im Kurs, auch wenn ich sie seit einiger Zeit nicht mehr so auf dem Radar habe. Zu meinem Leid spielen Cattle Decapitation keiner ihrer pre-2012 Songs mehr live, da das Publikum vor allem ihr neueres Material kennt und hören will – schliesslich hat sich ihr Sound auch sehr stark verändert. Trotzdem gab es ebenfalls Merch von ihrem älteren Material, wie ein «Testicular Manslaughter» Longsleeve, nach dem Song von ihrem 2002 erschienenen Album «To Serve Man». Vielleicht gibt es also doch noch Hoffnung, dass sich einige Fans auch in die nicht-so-polierten Gefilden des Outputs der ersten 15 Jahren der Band zurück trauen. Und dass die Band auch mal etwas älteres live spielt.
Nun zur Darbietung des Abends – Cattle Decapitation eröffnete ihr Set mit «The Carbon Stampede» aus dem vorhergenannten «Monolith of Inhumanity». Ein perfekter Anfang, der mit einem exzellenten Buildup den Ton für den Rest ihres Sets vorgab, und auch thematisch den Anfang mit der «Ankunft des Verderbens» adressierte. Über «Prophets of Loss» führte die Band das Publikum zu ihrem neusten Album, das sie mit «We eat our young» und «Scourge of the Offspring» einbringen. «Bring back the Plague» von ihrem 2019 erschienenen Album «Death Atlas» wurde, entgegen der Botschaft des Songs, allen gewidmet, die noch «atmen und am Leben» sind. Das Publikum sang lautstark mit dem eingängigen Chorus des Liedes mit. Zum Leidwesen der ersten Reihe war Vokalist Travis Ryan schon zu Beginn der Performance klatschnass und würgte im Laufe des Sets auch noch Schleim hoch. Vielleicht ist es ein Resultat seines Growl-Styles, oder einfach nur da für den Ekeleffekt. Den Abschluss des Sets bildete der Titelsong des 2019 erschienenen «Death Atlas», das, ebenfalls passend, vom Ende der Menschheit handelt.
Fazit? Auch wenn das Tour Lineup sich genretechnisch mehr oder weniger in der Death Metal/Deathcore Ecke aufhält, schien es nicht ganz beim Publikum angekommen zu sein. Zwar kann es sein, dass ein Konzert das an einem Donnerstagabend um 19:00 anfängt zuerst etwas spärlich besucht ist, dass aber die Hälfte des Publikums nur für die zwei Headliner auftauchte ist aber trotzdem befremdlich.