Review


Fescht zwöi a Gring
1-a-Grind lud zum Grindcore-Matinee in die Rössli Bar in Bern. Zu hören gab es die Käseconnaisseure Morbier Danger, Konsumentenschützer und Tiefpreisenthusiasten Exorbitant Prices Must Diminish; Werkzeugsliebhaber Tools of the Trade aus Malaysien; Technologiefans Gadget aus Schweden, und zu guter Letzt das Französische Power-Duo (und Pazifisten) Warfuck. Schon vor 20 Uhr war Schluss – etwas zu spät für’s Sandmännchen, aber früh genug, um doch noch einigermassen ausgeschlafen in die nächste Woche zu starten.
Morbier Danger machte den Auftakt des Fest Zwöi A Grind. Die Schweizer-Französische Kollaboration startete ihr Set mit etwas Verspätung. Früh war es trotzdem, denn das Festival fing offiziell schon um 15:30 an. Die Band bedankte sich bei den Anwesenden, dass sie schon so früh an einem Sonntagnachmittag da sind. Zwar war der Saal der Rössli Bar am Anfang noch etwas leer, aber er füllte sich schnell. Das Duo, bestehend aus einem Schlagzeuger und einem Gitarristen, die sich die Vocals teilen, überzeugte das Publikum mit „cheesy“ Grindcore. Schon nach kurzer Zeit sind die zwei Schweissüberströmt, genauso wie das Publikum – am Spielen und Moshen lag es also nicht (nur). Trotzdem Publikumsandrang blieb das Rössli einigermassen angenehm. Wenn man es mit den gefühlten 45° des Lixiviat Festivals vergleicht, bei dem die meisten hier anwesenden Bands an den vorherigen Tagen gespielt haben, ist es sogar fast kalt.
Daher – oder trotzdem – stand der Bassist von Exorbitant Prices Must Diminish mit einem Longsleeve auf der Bühne. Seine Bandkolleg*innen in Shirts und Shorts waren da besser gekleidet um ihr „intensives und heisses Weekend“ abzuschliessen. Gespielt wurde nicht nur Songs von ihrem ersten Album, das letztes Jahr erschienene „For a Limited Time“, sondern auch einiges an Material von einem neuen Split mit Shitbrains aus den USA, das diesen Sommer erscheinen wird. Was man erwarten darf? Noch mehr Blastbeats, und, wenn ich’s richtig verstanden habe, einen Song über Leute mit Jobs, die keine richtigen Jobs sind. Wir freuen uns. Zu sehen gibt es sie in nächster Zeit in Neuchâtel („wir werden als einzige Grindcore Band auftreten“) und im Support von Human Obliteration im Valhalla. Nach dem Auftritt in Bern ist aber zumindest ein paar Tage Ruhe für die „aktivste Grindcore Band aus der Schweiz“.
Tools of the Trade war als Nächstes dran. Die Band aus Malaysien war zum ersten Mal in der Schweiz, und spielten gleich zwei Konzerte – dieses hier in Bern, und am nächsten Tag ein zweites im Ebrietas in Zürich. Gleich von Anfang an tanzte die Band auf der Bühne rum, allen voran der Vokalist. Ausser einigen wenigen Ansagen, ins Mikrofon genuschelt und kaum verständlich, spielte die Band non-stop, ohne auch nur ein kleines Bisschen an Energie zu verlieren. Sogar das Ablösen seines Gitarrengurtes störte der Gitarrist kaum, und er löste das Problem so elegant wie kaum ein anderer: Gitarre à la Doom/Drone Metal Band hochheben, kurz unten wieder anmachen, und gleich weiterspielen. Die experimentelleren Seiten ihres Outputs schienen hier zwar nicht wirklich durch wie sie das auf Platte tun, aber das Trio glänzte trotzdem mit einem einwandfreien Auftritt.
Warfuck aus Frankreich stand – wie immer – als Duo auf der Bühne, denn mehr als eine Gitarre und ein Schlagzeug braucht es eigentlich nicht für Grindcore. Und auch wenn es ein wenig schwieriger ist, nur zu zweit eine ganze Bühne zu bespielen – vor allem wenn man dann auch noch in ein Mikrofon schreien muss – ist es den Beiden gelungen. Ein bisschen externe Hilfe braucht es aber manchmal doch, und der Drummer von Tools of the Trade musste Anfangs Set beim Schlagzeug rumschrauben. „Er ist der netteste Typ den es gibt“, so der Gitarrist. Nach dem die technischen Schwierigkeiten überkommen waren, ging es schnell weiter mit genauso schneller Musik. Während der Gitarrist auf der Bühne rumrennt und -springt, macht es ihm das Publikum vor der Bühne nach. Genauso ausdauernd wie die Band, denn ausser einer kurzen Trink- und Erfrischungspause beschallten das Duo aus Frankreich die Anwesenden pausenlos. Trotzdem fragten sie nach, ob sie weiterspielen sollen – yeahh!! – und bedankten sich beim Publikum für die Geduld. Vielleicht brauchte es doch noch mehr Enthusiasmus von den Zuschauern, um die Zwei zu überzeugen.
Last but not least – Gadget aus Schweden. Vokalistin Emilia kündigte ihr Auftritt mit „wir geben euch alles was wir haben“ an. Alles? 19 Songs später konnte man dies mit einem lauten „JA!“ bestätigen. So sagt man übrigens ja auf Schwedisch. „Breathless“, einer der 19 vorgetragenen Lieder, würde laut Ansage hier „sehr gut passen“, weil’s so heiss war. Als letzte Band hatte Gadget das Privileg, im „vorgeheizten“ Rössli und vor einem bestens aufgewärmten Publikum zu spielen. Ganz so dramatisch wie der Songtext – „My day of reckoning panic fear distress; A life of suffering made me what I am“ ist es aber doch nicht, denn das Lokal war überraschend gut belüftet, trotz Sommerhitze. Und mit gratis „Hahnenburger“ und den schattenspendenden Bäumen vor der Reitschule war das ganze gut auszuhalten. Trotzdem kam die Ansage „Noch vier Lieder, dann gehen wir an die frische Luft nach draussen“ ganz gelegen – nachdem der Gitarrist gegen Ende auch noch in der Moshpit mitmischte ging’s ziemlich wild zu und her. Kurz vor acht Uhr abends war das ganze schon vorbei – ein perfekter Abschluss für die Hitzewoche.