Review


Excarnated Entity, Intellect Devourer & Ascendency
Es ist Karfreitag und das heisst keine Musik, kein Tanzen – nicht aber im Hirscheneck, denn Tales of Wrath setzt sich über das Tanzverbot der katholischen Kirche hinweg und lässt den Death Metal Underground mit Excarnated Entity, Intellect Devourer und Ascendency aufleben. Ganz so aufregend ist es aber doch nicht, denn auch wenn es das Tanzverbot in einigen Teilen der Schweiz immer noch gibt, ist dies in Basel nicht der Fall. Für Excarnated Entity und Ascendency ist der Auftritt Teil ihrer ersten Europatour – und für Intellect Devourer, der dazwischen gequetschten Supportband, ihr erster Auftritt seit zwölf Jahren. Ein Abend für Liebhaber des Untergrunds.
Ascendency betritt die Bühne zu einem orchestralen Intro, das schnell den überraschend eingängigen Rhythmen ihrer Mischung aus Death- und Black Metal Platz macht. Schon vor Anfang des Sets verschwindet der Schlagzeuger mitsamt Instrument in den Nebelschwaden der Rauchmaschine – und kaum haben sie sich verzogen, folgt eine neue Wolke. Die düstere, verschleierte Atmosphäre des Auftritts im Konzertkeller passt zu ihrer Musik genauso wie die mittelalterlich inspirierte Kunst auf ihren Veröffentlichungen. Ihre Riffs winden sich durch viel Wiederholung ins Ohr und bleiben stecken, ohne je langweilig zu werden. Auf dem Spektrum des Black/Death Metal sind sie beim Ersteren einzuordnen, mit etwas Speed Metal Einflüssen, die dem Ganzen eine für die Musikrichtung eher ungewöhnliche Dynamik verleihen. Die Musik spricht für sich selbst und entschuldigt den wortkargen Auftritt der Dänen – der auch musikalisch mit wenigen Worten auskommt.
Für Intellect Devourer ist der Auftritt im Hirschi der erste in etwa 12 Jahren. Die Australier gibt’s seit 1992, aber ihr erstes Album liess lange auf sich warten und wurde erst Anfangs der Pandemie veröffentlicht, mehr als fünf Jahre nach Aufnahme. Dieses Konzert ist also gleichzeitig auch eine Plattentaufe – auch wenn die meisten Songs bereits in den Anfängen der Band geschrieben wurden, oder sogar zuvor. Die spärlichen Lichter der Hirscheneck Konzertbühne schienen es der Band nicht angetan haben – „wir wissen, dass ihr gerne Strom spart, aber wir wünschen uns mehr Licht auf der Bühne“. Gesagt, getan, zumindest für die nächsten Minuten, nach denen wieder der Stromsparmodus eingeschaltet wurde. Für Intellect Devourer hat sich der Saal etwas mehr gefüllt, und das Publikum getraut sich auch etwas näher an die Bühne ran – Vielleicht liegt’s auch an den Witzen, die die Band gleich zu Beginn gerissen hat. Nach instrumentalem Intro geht’s los mit „Waves of Blood“, einem Song von ihrer ersten Demo. Wie bei ihrer Vorgängerband sind die Vocals spärlich – diesmal aber nicht gewünscht, sondern es liegt an der Technik. Für die ersten drei Songs erklang die Stimme des Drummers, der die Leads beisteuerte, nur als körperloser Ansager in den Pausen. „Wie unter Wasser“ meinte ein Zuschauer – oder wie eine alte Aufnahme von einem vorherigen Auftritt. Zwar kamen die halsbrecherischen Solos und die genauso schnellen Drumbeats auch ohne Vocals gut zur Geltung, aber das Ganze tönt mit ein einer etwas besseren Einstellung des Mikrofons abgerundeter. Ganz zufrieden schien die Band mit dem Sound bis zum Schluss nicht, aber dem Publikum gefällt es trotzdem. Inklusive des neuesten Songs auf der Setlist, „Autumn Cranial Harvest“, der ist „catchy“ – und vielleicht vergehen nicht nochmal zwanzig Jahre, bis man ihn auch bei sich zu Hause geniessen kann. Aber Gut Ding will Weile haben, und wir haben Zeit.
Mit Excarnated Entity wird’s wieder langsamer, und die Amerikaner spielten etwas gemächlicher als ihre zwei Vorgänger, in der Stilrichtung des Death Doom. Was aber nicht heisst, dass es langweilig wird, im Gegenteil. Nur mischen sich zwischen die durchdringenden Gitarren-Solos auch meditative Sektionen. Und wie ihre Tourkollegen präsentierten sie ihre Musik kommentarlos in einen fast einstündigen Klangteppich von sieben vorbereiteten Liedern – nicht mal wer und von wo sie sind haben sie gesagt. Ganz ohne Unterbrechungen kam das Set aber nicht aus, und nebst kleinen Pausen zum Stimmen der Saiten wurden einige Zuschauer von einem einsamen Mosher aus dem Bann der Musik entrissen. Das gehört zwar auch zu einem Metalkonzert dazu, war aber in Betracht der Stimmung, der Musikrichtung und dem Konzertraum selbst etwas unpassend – und etwas peinlich, wenn man sich nach dem ersten Schubs zurück in eine Ecke verkriecht. Musikalisch war das Ganze jedoch hervorragend, und nach dem Verklingen des letzten Songs wurde dementsprechend eine Zugabe verlangt. Dem Rufen nach „noch einem Song“ (oder auch „noch sechs Songs“) kam die Band nicht nach – denn sie hätte nur die sieben vorgespielten Lieder eingeübt.
Ein Abend, bei dem man als Fan des Underground Death Metal fast dabei sein müsste. Aber nur fast – denn im Hirschi hat’s nicht so viel Platz.