Review zu „Sombre Dessein“ von „Herod“
Facts & Figures
Band: Herod
Herkunft: VD, CH
Genre: Porgressive Sludge Metal
Datum: 15.02.2019
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Line-Up
Mike Pilat – Vocals & Guitar
Pierre Carroz – Guitar & Bass
Bertrand Pot – Guitar
Fabien Vodoz – Drums
Track-Liste
1. Fork Tongue Intro
2. Fork Tongue
3. Reckoning
4. Don’t Speak Last
5. Silent Truth
6. Mourning Grounds
7. There Will Be Gods
Sombre Dessein – Düstere Absicht. Haben die Genfer Herod jetzt düstere Dinge mit uns vor? Ihr entsprechend betiteltes neues Albums hörend, kann man dies mit einem definitiven „Jein“ beantworten. „Ja“ insofern dass das Album effektiv eine ziemlich düstere Angelegenheit ist und die Texte düstere Tatsachen ins Bewusstsein zwingen. „Nein“ insofern dieses Album echt gut ist und alles andere als eine düstere Stimmung hinterlässt, denn das Album rockt.
Nicht das hier jetzt Party Rock der Marke Andre W.K. zelebriert wird. Dafür ist die grundlegende Klangkulisse zu lärmig, die Vocals zu bestialisch und überhaupt fühlt man sich naturgemäss eher an Cult Of Luna, LLNN oder frühe The Ocean erinnert (deren Ex-Sänger Mike Pillat übrigens auf diesem Album ist). Aber es wird verdammt noch mal so richtig gegroovt. Jetzt nicht nur, das Album weist viel stimmig-mulmige Sphärik auf, freche Klangmomente, interessante Taktarten usw. usf. Das Adjektiv „progressive“ ist auf jeden Fall vollendet verdient. Aber alles Dargebotene steht unter dem omnipotenten Duktus des Grooves. Und das beherrschen Herod so gut wie ganz wenige in ihrem Feld. Viele Vertreter des Sludge Metal, ob jetzt als progressiv identifizierend oder nicht, geraten oft in die Falle, zu laxes Songwriting aufzuweisen; musikalische Dynamik opfernd im überzogenen Verweilen bestimmter Parts. Und während dekonstruierendes Verharren grossen Reiz haben kann, wirkt es meist mehr wie ein „Vor-sich-hin-dümpeln“. Herod begehen diesen Fehler nicht.Jeder Moment ist gut kontrolliert und tight geschrieben. Und erneut, dieser verdammte Groove. Diesem verdammten Groove wird, wie bereits erwähnt, eigentlich alles unterstellt. Rhythmische Varietäten, aggressive Steigerungen, sphärische Momente in Gitarre und Gesang, anziehen und drosseln des Tempos, alles Elemente die dazu eingesetzt werden, um die Groovigkeit zu maximieren. Wenn auch die Geschwindigkeit, zumindest ein seltenes Mal, gerne etwas höhere Schlagzahlen hätte erreichen dürfen.
Als persönliche Hörempfehlung lege ich euch den Track „Reckoning“ ans Ohr.
Dabei entfaltet das Album, dem Titel Rechnung tragend, nebst viel Groove auch besagte befriedigend düstere Stimmung, gerade im Tandem mit den Texten, einem Abgesang auf die moderne Zivilisation. Das ist zunächst einmal ziemlich langweilig. Hyperpessimistische „Humanity is woe“ Lyrics gibt es schlussendlich wie Sand am Meer. Aber die Ausrichtung spezifisch auf die Gräuel des neoliberale Marktes in Kombination mit einer Poetik erinnernd an den deutschen Expressionismus à la Toller oder Wedekind, sorgt dafür, dass sich die Texte aus dem Sumpf der Belanglosigkeit herausziehen können, wenn auch mit viel Kraftaufwand, da es doch etwas mehr thematische Tiefe hätte sein dürfen. Aber lyrische Momente “clutching at straws for hope – Ironically the mob are the straws, straws are weak” kann man schon als Perlen betiteln, davon hätte es gerne mehr sein dürfen. Diese Aussage wiederum lässt sich nicht auf die Musik beziehen, im besten Sinne. Das Album reizt seinen Spannungsbogen zeitlich gelungen aus. Man fühlt sich nach verklingen des finalen „There Will Be Gods“ (cooler Songtitel) wie wenn eine gelungene Reise zu Ende geht: Zufrieden, transzendental befriedigt, erschöpft und froh, das es fertig ist.
Herod erfinden das Genre nicht neu, aber sie sind willkommene Neulinge im höheren Echelon des Sludge, und sicherlich hörenswerter als die 99 Prozent des Genres.
Eine Empfehlung für jeden Fan dieses Genres, dessen Cousins Doom und Post oder auch -Core, oder einfach für Freunde des inflationären Grooves. Und dieser verdammte Groove verdient es, Gehör zu erfahren.